#42 Ich kenne Frauen in allen Größen

Liebe Susanne,

dieser neue Text auf „the lion sleeps tonight“ fällt wirklich in die Kategorie: Wäre ich auch gern drauf gekommen. „The liar tweets tonight“ summt man doch gerne.

Apropos, im Park bin ich heute einer telefonierenden Frau begegnet, die plötzlich sehr authentisch und verzweifelt geschrien hat: „Echt mal ehrlich! Warum können denn nicht einfach alle das machen, was ich will?“

 Das hätte ich wirklich auch nicht besser formulieren können. Oder um mit Groucho Marx zu sprechen: „Ich bin nicht so größenwahnsinnig zu glauben, ich könnte alle Probleme dieser Welt lösen, wenn ich absolute Macht hätte. Aber ich könnte zumindest meine Probleme lösen.“

Dazu passt leidlich ein bemerkenswerter Dialog zwischen einem vielleicht vierjährigen Mädchen und ihrem Vater, den ich Mitte der Woche im Supermarkt aufgeschnappt habe. 

Das Kind fragte nämlich, warum ihre Eltern immer Kaisers zu dem Rewe-Markt sagen. Woraufhin der Papa antwortete, daß der Markt früher Kaisers geheißen hätte, dann aber wie alle Kaisers-Märkte von Rewe und Edeka gekauft wurde.

Die Tochter befand, daß Kaiser als Name sehr viel besser sei, als Rewe oder Edeka. Hätte man sie gefragt wäre eine derartige Namensverschlechterung nicht passiert. Also sinngemäß meinte sie dies. Das Mädchen hat es ein wenig einfacher ausgedrückt und mit Würge- und Kotzgeräuschen untermalt.

 Der wirklich erstaunliche und wörtliche Satz von ihr kam jedoch einige Sekunden später, als sie unvermittelt beschloss und verkündete: „Wenn ich groß bin, kaufe ich Jonas, dann kann ich ihn Findus nennen.“

Oder um es mit meinem alten Englischlehrer Herrn Noltze zu sagen, der, wenn er wieder mal die Namen seiner Schüler verwechselt hatte, gerne ausrief:

„Ach, heißt doch alle, wie ihr wollt!“

Namentliche Grüße

Horst

P.S.: Das mit dem Kleid hat sich erledigt. Die Interessentin hat das Foto gesehen und abgewunken. Aber über die Größe „S“ hat sie sich sehr gefreut. Ich weiß halt, wie‘s läuft. 
Doch auch grundsätzlich kann ich nach kurzem Nachdenken ganz aufrichtig sagen: Ich glaube, ich kenne wirklich Frauen in allen Größen.

#43 Aber machen se das Grüne raus

Lieber Horst,

ich gestehe, auch ich sage immer noch Kaiser´s zu manchem Rewe.  Auch Butter Lindner zu Lindner und Twix wird für mich immer Raider sein. Dabei habe ich früher immer mit den Augen gerollt, wenn meine Mutter stur Brenninkmeijer sagte, wenn doch von C&A die Rede war.
Aber gut, meine Oma hat schließlich auch immer Heinz zu meinem Vater gesagt und der heißt Horst. Und zu Heinz Herbert und zu Herbert dann meist Horst. Manchmal variierte sie auch. Sie hatte es aber auch wirklich nicht leicht mit den Namen ihrer drei Schwiegersöhne, und mit zunehmendem Alter ging sie dazu über, nicht mehr nachzudenken und einfach immer alle drei Namen zu rufen, also: Herbertheinzhorst. Funktionierte einwandfrei. Und ist mir vor allem im Zusammenhang mit einer Rüge in Erinnerung, wenn die drei bei einer eigentlich beschaulichen Kaffeetafel mal wieder lauthals über Politik stritten. Herbertheinzhorst hatte deshalb auch immer sowas von Alle in einen Sack, Du triffst immer den Richtigen.

Was ich aber eigentlich erzählen wollte – beim Stichwort Kaiser´s fiel mir eine Szene wieder ein, die ich dort dereinst an der Wursttheke beobachten durfte. Ein Highlight aus der Rubrik Nonsens in Supermarkt.
Eine alte Dame, die vor mir dran war, bestellte wörtlich:
„…Und dann noch 100 g Mortadella mit Pistazien, bitte, aber machen se das Grüne raus!“ 

Ist das nicht wunderbar?
Gespannt wartete ich damals auf die Reaktion des Verkäufers, doch der seufzte nur resigniert und tat wie ihm geheißen, offenbar kannte er das Spiel schon. In seinem Gesicht lag das milde Lächeln desjenigen, der einen Weg gefunden hat, sich mit mit etwas zu arrangieren, das ihn eigentlich in den Wahnsinn treibt. 

Apropos. Diese Masken!
Ich bemühe mich wirklich sehr um das besagte milde Lächeln, aber es ist gerade mal Ende April und mir wird jetzt schon warm unter dem Ding. 
Nun gut, vermutlich braucht es auch einfach ein bißchen Geduld und Gewöhnung, wir üben ja alle noch.
Auch die Pflege der Dinger will gelernt sein. Die Tante einer Freundin hat ihren Mundschutz gestern zum Desinfizieren in die Mikrowelle gelegt. Davon hatte ich auch schon mal gehört. Leider sind ihre Masken dann in der Mikrowelle in Flammen aufgegangen. Wir vermuten stark, dass es synthetische Masken waren, vielleicht solche mit einem eingenähten Metallbügel für die Nase. 
Metall in der Mikrowelle ist ja ähnlich gesund wie Desinfektionsmittel in der Spritze, aber das ist ein anderes Thema. 

Ich pflege derweil meine Rituale. 
Morgens gehe ich mit meinem Pott Kaffee auf den Balkon und bestaune erstmal die neuesten Kapriolen der Clematis. Die kennst Du ja auch schon.  Heute früh hat sie gerade den Sonnengruß geübt, das fand ich sehr berührend. Vielleicht probiere ich das auch mal irgendwann. 

Mit mildem Lächeln grüßt Dich, lieber Heinz,

Susanne