#62 In einer Welt, in der es nur noch Montage gibt

Liebe Susanne,

als ich gestern Abend durch die Bergmannstrasse ging, durfte ich feststellen, daß die jetzt wieder fast normal aussieht. Also relativ gesehen. 

Eben von den Leuten, die in und vor den Lokalen sitzen her.

Oder sagen wir normal für einen Montagabend. Einen leicht verregneten Montagabend. 

Also nochmal von vorn: Die Bergmannstrasse sieht am Samstagabend immerhin schon wieder fast wie an einem durchschnittlichen Montagabend bei mittelschlechtem Wetter aus. 

Was allgemein als Schritt zurück zur Normalität angesehen wird. Schön.

Nachdem jetzt mehrere Wochen lang alles stets gefühlt wie Sonntagnachmittag ausgesehen hat, kommt nun vielleicht ein längeres Montagabendgefühl. Jeden Tag. 

Wie mag es sein, in einer Welt zu leben, in der es nur noch Montage gibt? 

Was vor einigen Monaten noch ohne weiteres als reguläre Dystopie durchgegangen wäre, empfinden wir heute als stufenweise Rückkehr zur Normalität. Wer vom Sonntag kommt, für den ist Montag schon ein Schritt weiter. Wann werden wir auch die restlichen Wochentage zurückbekommen? Also vom Gefühl her.

Eine der unterschätzten Corona-Folgen war bei mir ja, daß ich die letzten Wochen viel zu viel Kaffee getrunken habe. Da ich so die ganzen Wirte in meiner Umgebung unterstützen wollte. Indem ich möglichst häufig ihr Coffee-to-go Angebot genutzt habe.

Einem meiner Lieblingswirte ist das auch aufgefallen, weshalb er vor ein paar Tagen sehr besorgt zu mir sagte:

„Du trinkst Zuviel Kaffee. Das ist nicht gut für Dich. Achte mehr auf Deine Gesundheit. Trink auch mal Bier oder Wein.“

Nur Wirte raten Dir, was Dir Wirte raten. Deswegen sind sie systemrelevant. 

Trotzdem bin ich froh, daß sie wieder mehr anbieten, als Kaffee und Flaschenbier.

 Ich hatte schon angefangen in der Musterung der Bürgersteigplatten die Grammatik einer jahrtausendealten Zeichensprache zu erkennen. 

Bislang konnte ich aber nur zwei Sätze aus der Maserung der Bürgersteigplatten entschlüsseln. Beide sind direkt vor meiner Haustür. Der erste lautet: „Hast Du den Herd ausgemacht?“ 

Der zweite Satz ist noch kryptischer, denn wenn ich mich nicht täusche steht da: „Es gibt keine jahrtausendealte Zeichensprache in der Maserung der Bürgersteigplatten und hier steht auch kein Satz.“ 

Schon seltsam, aber solange ich über solche Dinge nachdenke, laufe ich zumindest nicht Gefahr in den Sog von abstrusen Verschwörungstheorien zu geraten.

 Denn mein wesentlicher Vorwurf an die Verschwörungstheorien ist ja nach wie vor, daß die allesamt viel zu schlampig ausgedacht sind. 

Wenn die Verschwörungstheoretiker doch mal einmal ein bisschen Geld in die Hand nehmen und vernünftige Autoren oder Autorinnen verpflichten würden. 

In manchen Bereichen wäre es so einfach, diese Welt ein bisschen besser zu machen. Aber vielleicht wollen die Verschwörungstheoretiker genau das ja auch gar nicht.

Einen baldigen Dienstag wünscht Dir

Horst

Eine Antwort auf „#62 In einer Welt, in der es nur noch Montage gibt“

  1. Hallo,
    Ja, ich weiß ich bin ein bisschen spät dran mit meinem Kommentar.
    Aber da wir uns im Jahrzehnt des Murmeltiers befinden, bleibt ja vieles mehr oder weniger aktuell.
    Ich gäbe gerade viel drum sagen wir mal wenigstens so etwa einen Monat lang nur Montag zu haben. Meinetwegen auch nur Montagabend!
    Dann dürfte ich nämlich zusammen mit meinen Kollegen zur Orchesterprobe.
    Wahrscheinlich würden wir die Stücke proben, die wir jetzt seit 2 Jahren im Stop & Go Verfahren sporadisch proben um Konzerte zu planen und kurz vor dem Termin wieder abzusagen. Wir hätten wahnsinnige Freude am Miteinander und an unserer Musik (ob unser Dirigent unsere Freude an der Musik immer im gleichen Maße teilt wissen wir allerdings nicht).
    Aber leider ist nicht Montagabend, sondern immer noch zwischen den Jahren – also die Zeit, in der man alles mögliche machen will und nix hinkriegt.
    Was ich aber sehr interessant finde ist die Sache mit den Mustern.
    Die Zeichensprache gibt es wirklich. Erst neulich habe ich eine Abhandlung dazu gefunden, nachdem ich vor meiner Haustüre den etwas verwitterten Hinweis „hättet ihr lesen können wäret ihr im Vorteil gewesen“ entschlüsselt habe.
    Ich helfe hier gerne mit meinem Wissen weiter (zwischen den Jahren habe ich ja einige Zeit mich weiterzubilden).
    Die Frage nach dem Herd wird dem Druiden Leiserfluss zugeschrieben, der in den Überlieferungen meist mahnend in Erscheinung trat.
    Der zweite Spruch ist aller Wahrscheinlichkeit der Kaste der Kreuzquerer entsprungen. Genau lässt sich das bisher noch nicht rekonstruieren, als sicher gilt aber, dass die Missachtung des ersten Satzes zum Untergang der Zivilisation beigetragen hat, die auf tragische Weise in einer Feuersbrunst endete und deren quasi letzte Worte nun vor meiner Haustür zu finden sind.
    Ich hoffe, ein bisschen zur Verbreiterung des Allgemeinwissens beigetragen zu haben und grüße herzlichst.

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