#32 Wenn’s wenigstens langweilig wäre

Liebe Susanne,

als ich der Familie gerade sagte, ich würde noch etwas für unseren Blog schreiben, fragte die mich doch tatsächlich, ob mir dieser Krisenkalender denn nicht langsam mal langweilig werde. 

Meine (auch für mich recht überraschende) Antwort war: „Wenn ich mit Dingen aufhören würde, wenn sie mir langweilig werden, wäre ich schon seit über dreissig Jahren tot.“

Ich fürchte, ich meine das ernst. Es soll ja Menschen geben, die Angst haben, daß sie vor Langeweile sterben könnten. Diese Angst hatte ich noch nie. Langeweile war schon immer mein Freund. Langeweile ist Frieden. Die Ruhe, in der die Kraft liegt. Die meiste Zeit meines Lebens sehne ich mich nach Langeweile, denn sie macht es möglich, daß man endlich mal Zeit für richtig interessante Dinge hat.

Das ist ja auch praktisch mein Hauptvorwurf an diese Corona-Krise. Sie ist nicht langweilig. Sie ist anstrengend, zerrt an den Nerven und macht Angst. 

Wobei ich ja auch eigentlich nichts gegen Angst habe. Angst schärft die Sinne. Diese unerträgliche Angst vor einem Auftritt, einer Premiere zum Beispiel, ist eine großartigsten Sachen, die ich je erleben durfte. Diese Angst macht lebendig und zeigt mir immer wieder, wie sehr sie mir hilft, Dinge zu tun, die ich ohne Angst niemals schaffen würde. Diese Angst ist eine unabdingbare Zutat zum Glück. Ohne sie würde das Ganze sehr viel weniger Spaß machen.

Doch die Corona-Angst gebärt kein Glück. Sie ist nur dumpf und doof und lähmend.

Daher würde ich mir natürlich wünschen, daß es mir endlich langweilig würde. Denn das wäre ein aufregendes Zeichen der Hoffnung. Und  ich könnte endlich wieder eine Angst haben, die sich auch lohnt. 

Hoppla, nun ist mir der heutige Beitrag doch ein wenig selbstmitleidig geraten. Daher noch zwei Sätze die die Supermarktkassiererin heute wörtlich so sagte:

 „Wenn die wenigstens wieder Fussball spielen würden. Denn wüsste ich endlich wieder, was ich verpasse, wenn ich die ganze Zeit kein Fernsehen gucke.“ 

Da hat sie recht. Auch mir fehlen besonders die Dinge, die mich nicht interessieren, immer mehr.

Auf ein Helles, aufs Gemüt

Horst