#66 Warn Se da schon selba dran?

Liebe Susanne,

Handwerkergeschichten sind vielleicht ein sehr passendes Thema für den Vatertag.

Nun denn. Meine Familie ist gewiss nicht sehr furchtsam. Aber mit einer Sache kann ich sie verlässlich in Panik versetzen. Wenn ich ankündige, irgendetwas in der Wohnung selbst reparieren zu wollen. Dann haben plötzlich alle irgendwelche Termine außerhalb. Die im Idealfall rund eine Woche dauern. Denn solange braucht es in der Regel, bis ich häufig und ausdauernd genug gescheitert bin und einen Fachmann bestellt habe.

 Über die Zeit zwischen meinem ersten Versuch und den Anruf beim Handwerksbetrieb möchte ich nicht reden. Ich rede ja auch nicht darüber, wie ich mal meinen Studienschwerpunkt gewechselt habe, weil ich in der ersten Semesterwoche zwei Seminarräume verwechselt habe. Erst nach vier Wochen habe ich gemerkt, daß ich im falschen Kurs sitze, was ich aber weder vor mir, noch vor anderen zugeben wollte, weshalb ich dann eben meinen Studienschwerpunkt gewechselt habe. Solche Geschichten interessieren keinen und deshalb erzähle ich sie auch nicht.

Mittlerweile reicht es meistens, der Familie nur damit zu drohen, ich würde etwas selbst reparieren. Dann bestellen sie meistens hektisch jemanden, schaffen es aber doch, daß ich den später empfangen muss. 

Meine Tochter hat mir hierzu vor zwei Weihnachten ein T-Shirt geschenkt, auf welchem steht: „Alles muss man selber machen…  lassen.“

Dennoch habe ich im Laufe der Jahre viel über den Umgang mit Handwerkern gelernt. Die drei wichtigsten Regeln sind meines Erachtens:

1. Tue nie so, als ob Du Ahnung hättest. Du hast nämlich keine Ahnung. Du hast sogar so wenig Ahnung, daß Du nichtmal weißt, wie wenig keine Ahnung du hast. Solltest Du das nicht von selbst einsehen, wird der Handwerker es Dir erklären. Fordere ihn niemals heraus. Du verlierst in 11 von 10 Fällen.

2. Lobe nie vor ihm andere Handwerker. Er ist Dein Handwerker. Du sollst keine anderen Handwerker neben ihm haben. Zumindest keine besseren. Auch keine gleich guten. Das es überhaupt andere Handwerker gibt, ist schon schlimm genug.

3. Die aller-, allerwichtigste Regel: Wenn er fragt: „War’n Sie da schon selba dran?“, ist deine Antwort immer: „nein“. Und nur nein. Selbst wenn es noch so offensichtlich ist, daß Du lügst. Bleibe Deiner Lüge treu. Denn wenn Du einmal zugibst, irgendwo schon dran gewesen zu sein, bist Du für immer schuld. An jedem weiteren Problem. Alles wird damit angefangen haben, daß Du da schon dran warst.

In der Wohnung auf dem Wedding hat die Hausverwaltung mal jemanden geschickt, um den Wasserboiler im Bad zu reparieren. Er hat dann den Heizkörper in der Küche repariert. 

Mit der wortwörtlichen Begründung: Er hätte nicht die richtigen Teile für den Wasserboiler gehabt. Also habe er dann eben den Heizkörper repariert. Den Heizkörper, mit dem es überhaupt kein Problem gab.

 Ich habe das reklamiert und hätte damit auch fast beim Handwerksbetrieb Erfolg gehabt. Bis ich in einem Nebensatz zugegeben habe, selbstständig die Wasserzufuhr zum defekten Boiler abgedreht zu haben. Ab dem Moment hatte ich keine Chance mehr. Ich war schliesslich sogar Schuld daran, daß der Handwerker nicht die richtigen Teile für den Wasserboiler dabei hatte. 

Und das erstaunlichste: Ich habe meine Schuld eingesehen. Da ich endlich begriffen hatte, daß ich keine Ahnung hatte, was man alleine daran erkannte, daß ich den früheren Klempner lobte, obwohl der doch mit der ursprünglichen Installation des Boilers, fünf Jahre vorher, das ganze Elend in Gang getreten hatte.

Dennoch war es eine wertvolle Erfahrung. Das sind eben Dinge, die lernste auf keiner Schule.

Gut Schraube wünscht Dir

Horst

#67 Von Einhörnern und Amseln

Lieber Horst,

Was den guten Willen und die linken Hände beim Werken angeht – da haben wir was gemeinsam.
Als ich das letzte Mal ein Ikea-Schrankteil zusammengebaut habe…
Ich sag mal so, es kam aus der Serie Lekman, und das Wort hab ich beim Aufbauen dann auch immer mal wieder laut gerufen.

Ach ja, und noch etwas fiel mir wieder ein.
Ein kurzer Dialog, der auf meiner letzten Dienstreise stattfand. In einer kleinen Pension im niedersächsischen Nirgendwo, die damit wirbt, dass sie „Monteurzimmer / Frühstück ab 6 Uhr“ anbietet,  kam ich mit einem Vertreter am Nebentisch ins Gespräch, der sich mir mit den grandiosen Worten vorstellte: „Ich mache in Sanitäranlagen!“
Ich fragte mich sofort: Tun wir das nicht alle?, sagte es dann aber doch nicht laut.

Vom Vatertag habe ich in diesem Jahr gar nichts mitbekommen, hier war es total still in den Straßen, kein bierseliger Bollerwagen weit und breit. Ob es am Aufruf der Berliner Polizei lag? Die hatte morgens auf Twitter zur Einhaltung der Anstandsregeln gemahnt:
„Liebe Herren, bitte seien Sie bei Ihren Ausflügen wie das Einhorn – freundlich und flauschig. Man sieht Einhörner selten, sie treten wohl nicht in größeren Gruppen auf.“
Deeskalation zum Liebhaben. So hab ich´s gern.

Ansonsten bin ich heute ein wenig neben der Spur, ich habe einfach viel zu wenig geschlafen.
Eine Freundin hatte neulich erzählt, sie habe gehört, dass die Vögel in der Stadt derzeit viel leiser seien, seit sie nicht mehr gegen so viel Flug- und Straßenlärm ansingen müssen. Ich kann das nicht bestätigen. Was ich sagen kann: Morgens um vier ist bei mir die Spanne zwischen den Gedanken „Oh wie schön, da singt eine Amsel“ und „Kann man Amseln eigentlich grillen?“ sehr gering.  Gott sei Dank wurde dann um  sechs das Altglas abgeholt, das hat mich sehr wirkungsvoll von der Amsel abgelenkt.

An Tagen, die so anfangen, sollte man sich nichts Wichtiges vornehmen und ein bißchen Nachsicht mit sich selbst haben. Zwischendurch sollte man sich immer mal wieder selber in den Arm nehmen.
Meine Clematis macht das genauso, guck!

Ein bißchen verpeilt und überaus herzlich grüßt Dich

Susanne